4 Herausforderungen in Bezug auf sprachliche Aspekte im VA
Gerade die (online) Kommunikation und Kollaboration mit internationalen Partner*innen ist in sprachlicher Hinsicht mit verschiedenen Herausforderungen verbunden. Diese reichen von Sprachhemmungen und Verständnisproblemen, über verschiedene Kommunikationsstile bis hin zu ungleichen Sprachsymmetrien und Partizipationsmöglichkeiten. Im Folgenden werden einige, auch empirisch untersuchte potenzielle Schwierigkeiten dargestellt und Möglichkeiten des Umgangs damit vorgestellt. Dabei wird auch auf das folgende Kapitel verwiesen, das Mentoring- und Strategy-Cards enthält, die konkrete Umsetzungsvorschläge für unterstützende Maßnahmen enthalten.
“One of the challenges was to write all the information in English, because sometimes you weren’t able to say exactly what you meant, so you had to think the best way to explain, in little words, what you wanted. The first time took me lot of time to come up with the right ideas, but when time went by, I got used to writing faster and better.” (aus: Helm / Baroni, 2020: 180)
Schwierigkeiten in sprachlicher Hinsicht können, wie in diesem Beispiel, im Bereich des Schreibens, oder beim Hörverstehen, in der mündlichen Interaktion oder beim Lesen von Texten auftreten. Dabei zeigen zahlreiche Erfahrungsberichte, dass VA-Teilnehmende nach anfänglichen Sprechhemmungen schnell lernen, sich mit Hilfe verschiedener Kommunikationsstrategien (s. Strategy Cards (SC), #1) erfolgreich zu verständigen.
Während alltagssprachliche kommunikative Kompetenzen in der Fremdsprache mitunter bereits gut entwickelt sind, kann es in einem VA mit spezifischem fachlichem Fokus zu Schwierigkeiten mit fachsprachlichen Termini oder berufsfeldspezifischen Sprachhandlungen (z.B. Argumentieren, kritisches Hinterfragen, Beschreiben, Analysieren, Interpretieren, etc.) kommen. Hier können VA-Leitende vorbereitend oder begleitend Unterstützung anbieten, indem sie z.B. vorab gemeinsam Wortfelder erstellen (s. Mentoring Cards (MC), #3), den Fokus beim Lesen oder Hören nicht nur auf das Inhaltliche, sondern auch auf das Sprachliche richten, Textarbeit mit Scaffolding versehen oder spezielle Kommunikationsstrategien thematisieren (s. SC, #1).
Eine zentrale Kompetenz in fremd- und mehrsprachigen Settings ist die sprachliche Anpassungsfähigkeit. Hier geht es darum, die kommunikativen Bedürfnisse des Partners / der Partnerin wahrzunehmen und darauf entsprechend zu reagieren. Muss eventuell langsamer gesprochen werden? Sollte einfachere Sprache verwendet werden? Kann etwas umschrieben werden? Einerseits sollten VA-Teilnehmende angeregt werden, dies aktiv einzufordern, andererseits muss auf allen Seiten ein Bewusstsein dafür geschaffen werden und es kann helfen, entsprechende Anpassungsmöglichkeiten (s. SC, #2) explizit zu thematisieren.
“We had some problems as one of the boys sometimes spoke too fast in English and it was impossible to follow him. But I guess for them sometimes it was also difficult because we also speak very quickly or with words that they did not understand very well.” (aus: Gutiérrez et al. 2021: 13)
Unterstützung in sprachlicher Hinsicht kann auch durch die VA-Partner*innen gewährleistet werden, indem Bedeutungen gemeinsam ausgehandelt oder andere Medien und Kanäle, wie in folgendem Beispiel, hinzugezogen werden:
“I wanted to show them how we see ‘embutidos’ here in Spain, so when I went for a walk I recorded the vending machines with ‘embutidos’ and sent it to them.” (aus: Gutiérrez et al. 2021: 23)
“For me, the first task was the most difficult and stresful. It resulted from fact that I am a bit shy and until then I did not have too much opportunities to talk in English. (T1)” (aus: Háhn 2021: 69)
Studien zu Gefühlen in VA-Projekten konnten zeigen, dass Teilnehmende neben positiven Gefühlen wie Neugier, Spannung und Vorfreude zu Beginn von ein- und zweisprachigen VA-Projekten auch von Nervosität, Ängsten und Hemmungen berichten (Feick / Knorr 2022, Háhn 2021, Helm / Baroni 2020), die oft damit verbunden sind, eine Fremdsprache aktiv zu nutzen. Negative Gefühle im VA werden durch die Tatsache verstärkt, dass mit zunächst unbekannten Partner*innen zusammengearbeitet wird und die Kommunikation im virtuellen Raum stattfindet, der ein persönliches Kennenlernen erschwert. Unsicher sind sich Studierende vor allem mit Blick auf ihre Kompetenzen, sich in der Fremdsprache spontan, situationsangemessen und bei Bedarf auch fachsprachlich auszudrücken sowie den Partner / die Partner zu verstehen. Dabei sind synchrone, mündliche Treffen eine zusätzliche erste Hürde, wie diese Studentin berichtet:
“To be completely honest, I was a bit scared of the video chat. I like texting Sally and I feel like I’m getting better at responding sooner but talking ‘in person’ without much time to think about my replies definitely made me anxious. Since I like her a lot so far, I was worried we wouldn’t get along now that we were actually talking for the first time.” (aus: VeLAD-Datenkopus Feick/Knorr)
Nach dem Kennenlernen nimmt diese Sorge oft ab, und Studierende realisieren, dass Ängste unbegründet waren. Es wird vielfach von wachsendem Vertrauen, gegenseitigem Respekt und gewinnbringenden Sprachkontakten berichtet. Das Gefühl anfänglicher Unsicherheit ist äußerst verbreitet, wird jedoch selten explizit thematisiert. Hier kann es helfen, zunächst in den lokalen Gruppen zusammenzukommen, um Erwartungen und Befürchtungen zu thematisieren (s. MC, #7) und Strategien zu besprechen, die mit Blick auf die Sprachverwendung im Projekt verwendet werden können (s. SC, #1). Es hat sich auch als förderlich erwiesen, Teilnehmende zunächst asynchron Kontakt aufnehmen zu lassen, bevor ein erstes synchrones Treffen arrangiert wird. In größeren virtuellen Kick-off Meetings mit allen Teilnehmenden können die Studierenden z.B. per Chat mit dem Partner / der Partnerin in Kontakt treten, bevor sie sich im Videochat oder einer Videokonferenz kennenlernen. Zudem sollte darauf geachtet werden, Aufgaben so zu konzipieren, die sie die Studierenden aller Partnerinstitutionen in sprachlicher Hinsicht auch erfolgreich bewältigen können. Auch hier stehen diverse digitale Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung (s. SC, #3).
Wenn es zu deutlichen Unterschieden in den kommunikativen Kompetenzen der VA-Partner*innen kommt, sollte dies insbesondere zu Beginn des Projekts, aber auch während des Austauschs, offen thematisiert werden (s. MC, #8). Auf diese Weise können Enttäuschungen vermieden und gegenseitige Rücksichtnahme gefördert werden. Sind die Teilnehmenden entsprechend sensibilisiert, übernehmen sie unter Umständen gerne eine unterstützende Rolle. Für angehende Fremdsprachenlehrkräfte bietet eine solche Konstellation die Möglichkeit, wertvolle Erfahrungen in der Förderung und Begleitung anderer zu sammeln.
In einer Studie von Belz (2001) wurde zudem von Missverständnissen aufgrund unterschiedlicher Sprachniveaus berichtet. Die deutschlernenden amerikanischen Studierenden in diesem VA hatten ein niedrigeres Sprachniveau, was dazu führte, dass sie kürzere E-Mails schrieben als ihre deutschen englischlernenden Partner*innen. Dies wurde von den deutschen Studierenden als Unfreundlichkeit und fehlende Motivation wahrgenommen, was wiederum zu einer negativen Bewertung des Austauschs führte. Auch das folgende Zitat verdeutlicht, dass geringere Sprachkompetenzen nicht nur auf lexikalischer und grammatischer Ebene sichtbar werden, sondern auch pragmatische Kompetenzen (z.B. in Bezug auf Höflichkeitsformen, Ausdruck von Kritik, Tonfall oder kulturelle Konventionen in der Kommunikation) umfassen, die zu Problemen in Bezug auf den Beziehungsaufbau und das Aufrechterhalten einer guten Arbeitsbeziehung führen können.
„I think we had some serious communication issues. I think this was caused partially by the fact that their English was not that great. Their sentences could sometimes sound very offensive ‘Do not work on the document without asking us first.’ In hindsight I think they did not mean it in a negative way, but just did not have the vocabulary to express themselves in a nice way.” (aus: Helm / Baroni 2020: 179)
VA mit einem konkreten Ziel und entsprechenden, darauf hinführenden Teilaufgaben, ermöglichen es den Teilnehmenden, sich auf dieses Ziel zu konzentrieren und gemeinsam an einem Ergebnis zu arbeiten. Dabei ist es vor allem in sprachlich sehr heterogenen Teams von zentraler Bedeutung, dass die Projektaufgaben von allen Partner*innen gleichermaßen erfolgreich zu lösen sind. Hier kann mit Wahlmöglichkeiten (z.B. indem Aufgaben unterschiedlicher sprachlicher Anforderungsniveaus gestellt werden), unterstützenden Scaffoldings (MC, #1/3) oder integrierten Aufforderungen zu Peer-Support gearbeitet werden (SC, #2).
Auch die Wahl des Kommunikationsmediums und die entsprechende Modalität (mündlich oder schriftlich, synchron oder asynchron) beeinflusst die (fremdsprachliche) Kommunikation im VA. Bedeutungsaushandlung, Verständigungsnachfragen oder das Üben spezifischer sprachlicher Strukturen, wie z.B. das Stellen von Fragen oder das Reagieren auf Sprachäußerungen, sind eher im synchronen Modus, d.h. in Videokonferenzen oder Messenger-Kommunikation möglich. Mündliche Kommunikation ist spontan und dynamisch, kann aber Sprechhemmungen verstärken und Erstsprecher*innen sind hier meist im Vorteil gegenüber Sprachlernenden. Schriftliche asynchrone Kommunikation erlaubt detailliertere Sprachäußerungen und kann (z.B. von weniger sprachkompetenten Teilnehmenden) entsprechend vorbereitet werden. Hier kann es sinnvoll sein, die Vor- und Nachteile der jeweiligen Kommunikationsform mit den TN vorab zu thematisieren oder begleitend zu reflektieren (s. SC, #3).
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass nonverbale Elemente der Kommunikation wie Gestik, Mimik oder Tonfall in der virtuellen Interaktion oft fehlen oder stark eingeschränkt sind. Diese nonverbalen Signale spielen jedoch eine wichtige Rolle, um Missverständnisse zu vermeiden und zwischenmenschliche Beziehungen zu stärken. In Textkommunikationen, wie E-Mails oder Chatnachrichten, können beispielsweise fehlende Höflichkeitsfloskeln oder ein direkter Tonfall schnell als unhöflich oder distanziert wahrgenommen werden, obwohl dies nicht beabsichtigt war. Das Bewusstmachen von vielfältigen Möglichkeiten multimodaler Kommunikation, z.B. durch die Kombination von Textnachrichten, Videochats und visuellen Hilfsmitteln (z.B. Emojis), kann dazu beitragen, den Verlust nonverbaler Signale zu kompensieren und die Verständigung zu verbessern (s. MC, #6).
In VA-Projekten können neben sprachlichen Herausforderungen auch unterschiedliche, z.T. kulturell bedingte Kommunikationsstile zu Missverständnissen und Schwierigkeiten führen. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von kurzen Momenten der Stille im Gespräch, die Healy und Kennedy (2020) im Rahmen einer Studie zu VA im internationalen Kontext bei japanischen Sprecher*innen beobachteten. Diese kurzen Pausen in der mündlichen Interaktion waren für Sprecher*innen anderer Sprachen möglicherweise ungewohnt und sie versuchten ihre Partner*innen z.T. noch stärker und direkter zu involvieren, was wiederum zu Unwohlsein seitens der Japanisch sprechenden Teilnehmenden führte. Solche kulturellen Unterschiede im Kommunikationsverhalten – sowohl verbal als auch nonverbal – können Missverständnisse und Irritationen in der Gesprächsführung hervorrufen. Lernende neigen oft dazu, Auffälligkeiten im Kommunikationsstil ihrer Gesprächspartner*innen als persönliche Eigenheiten oder gar als unkooperatives Verhalten zu deuten, während diese eigentlich Teil eines kulturell geprägten Kommunikationsstils sind. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die unterschiedliche Bedeutung von small talk zwischen deutschen und englischen Sprecher*innen. Während in einigen Kulturen kurze und präzise Antworten als effizient gelten, können sie in anderen als unfreundlich interpretiert werden. Ebenso können Verzögerungen in der Antwortzeit, die etwa durch unterschiedliche Zeitzonen bedingt sind, Unsicherheiten oder Frustration auslösen. Obwohl es in der Praxis kaum möglich ist, alle potenziellen Missverständnisse vorherzusehen, können Projektleitende dennoch proaktiv auf diese Problematik eingehen und beispielsweise mit Transkripten arbeiten, die Beispiele problematischer VA-Kommunikationen enthalten (s. MC, #4). Außerdem könnte zu Beginn eines VA eine gemeinsame Erarbeitung grundlegender Netiquette-Regeln stattfinden (s. MC, #5). Dazu gehört, auf Höflichkeitsformen zu achten, die Bedeutung von klaren und respektvollen Formulierungen zu betonen und kulturelle Unterschiede in der Kommunikation anzusprechen.
In bilingualen VA mit Sprachlernfokus, kann es dazu kommen, dass eine der beiden Zielsprachen dominiert, während die andere kaum oder gar nicht verwendet wird. Die folgende Aussage einer Studentin verdeutlicht dieses Phänomen:
„I feel like the question about our language use might be difficult, since we have been speaking and writing in English only so far and she is not quite comfortable with German. But I hope I can show her, that she doesn’t need to worry too much about correctness and that it will be a great learning experience for her to use German.” (aus: VeLAD corpus Feick/Knorr)
Die Gründe hierfür können vielfältig sein, beispielsweise Sprechhemmungen, mangelnde Sprachkompetenz, dominante Partner*innen oder eine allgemein bevorzugte Projektsprache. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, sollten Projektleitende ein Bewusstsein für solche Dynamiken schaffen. Studierende sollten nach Ursachen suchen und Strategien entwickeln, um die sprachlichen Bedürfnisse beider Partner*innen gleichermaßen zu berücksichtigen. Dass ein bewusster Umgang mit dieser Herausforderung zu einer Lösung führen kann, zeigt der zweite Logbook-Eintrag derselben Studentin:
„I enjoy talking English with her as well as German, although it is a bit weird for me to speak German in that context. I try very hard to speak slowly and clearly, which sometimes makes it feel a bit unnatural to me. In the beginning, I was worried that we will never switch to German, but I think now that we’ve tried it out for the first time and it worked out quite well we will continue switching back and forth. I think we’ve overcome the reluctance of speaking German.” (aus: VeLAD corpus Feick/Knorr)
Durch gezielte Reflexion und gegenseitige Unterstützung kann es gelingen, beide Sprachen aktiv einzubinden und ein Gleichgewicht herzustellen. Dies erfordert Sensibilität und ein offenes, unterstützendes Miteinander, um sprachliche Hemmungen abzubauen und eine förderliche Lernumgebung zu schaffen.
Hinsichtlich der Möglichkeiten im bilingualen VA sprachbezogenes Feedback durch die Partnerin / den Partner zu erhalten, kann es ebenfalls zu Unsicherheiten kommen, wie die folgende Studentin reflektiert:
“C. asked me to correct his German if he is wrong, but I am still a bit hesitant, because I want to help, but I also don’t want to point out every minor mistake. I guess we will both see how comfortable we are with corrections.” (aus: VeLAD corpus Feick/Knorr)
Es kann daher sinnvoll sein, den VA-Teilnehmenden zu raten, Wünsche und Erwartungen in Bezug auf sprachbezogene Rückmeldungen bereits in den ersten VA-Planungsgesprächen gemeinsam zu klären. Dies könnte beispielsweise als Punkt in einer Checkliste für Planungsgespräche aufgenommen werden (s. MC, #8). So lässt sich von Anfang an ein gemeinsames Verständnis schaffen und Unsicherheiten auf beiden Seiten reduzieren.
Das Prinzip der Gegenseitigkeit in bilingualen Tandem-Konstellationen wird auch beeinflusst von den jeweiligen Erwartungen der Teilnehmenden, ihren Einstellungen zum Sprachenlernen und ihrer Sprachlernmotivation, wie Ware basierend auf einer VA-Studie zusammenfasst: „Instead of making and acting on assumptions about communication norms, students need to openly discuss their expectations of linguistic and grammatical accuracy, message length, and response time” (Ware 2005: 78). Diskussionen hierzu, in den lokalen Gruppen sowie mit den Partner*innen, können dazu beitragen, Frustration zu vermeiden und mit enttäuschten Erwartungen besser umzugehen.
Eine weitere Herausforderung in VA-Projekte liegt in wahrgenommenen Ungleichheiten in Bezug auf die Sprachkompetenzen der Teilnehmenden und den daraus erwachsenden Folgen. Wie das folgende Zitat verdeutlicht, kann eine als überlegen empfundene Sprachbeherrschung – hier Englisch – zu Unsicherheiten und einem unausgewogenen Miteinander führen, da Partner*innen mit vermeintlich stärkeren Sprachkenntnissen oft auch als insgesamt kompetenter wahrgenommen werden.
“Now as I think about it, I realize something about how we were perceived. I think there was an image – both from Poland and Argentina – about Swedes as being so good at English and therefore by default being competent and good at a lot of other stuff as well … It felt a little as if the others got nervous sometimes when they talked to us … but we didn’t think so much about … it does explain a whole lot though, in terms of how people acted … “ (aus: Glimäng 2022: 11)
Solche Dynamiken sind häufig mit einem defizitorientierten Selbstbild von Sprecher*innen einer Fremdsprache als (noch) nicht perfekt und unzureichend verbunden, insbesondere wenn versucht wird, den Standards von Erstsprecher*innen der Sprache zu entsprechen (vgl. Healy / Kennedy 2020). In Kontexten von Englisch als Lingua Franca (ELF) zeigt sich jedoch, dass es nicht erforderlich ist, diesen hohen Ansprüchen gerecht zu werden, solange die wechselseitige Verständigung gewährleistet ist. Healy und Kennedy stellen hierzu fest: “It is important, therefore, for students to be guided toward an image of themselves as language users acting on a global stage to replace their present self-image as failed language learners. Using VE can help build students’ self-esteem and help them to understand the changing role of ELF as a valid and valuable tool in the globalized world” (2020: 132). Virtuelle Austauschprojekte mit ELF-Ansätzen tragen nicht nur zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Teilnehmenden bei, sondern fördern auch ein vertieftes Verständnis für die Rolle von Englisch als Kommunikationsmittel in einer zunehmend globalisierten Welt (s. MC, #9). Ein Bewusstsein für die negativen Auswirkungen ungleich empfundener Sprachsymmetrien sollte auch gefördert werden, um einer eingeschränkten Partizipation einzelner (weniger kompetenter) VA-Teilnehmenden entgegenzuwirken. Dies ist insbesondere in Konstellationen zu bedenken, in denen größere Gruppen zusammenarbeiten.
VA-Projekte stehen auch vor verschiedenen Herausforderungen in Bezug auf die Modalität (schriftlich oder mündlich) und den Zeitpunkt der Kommunikation (asynchron oder synchron). Mündliche Kommunikation, etwa über Videokonferenzen, kann durch Unsicherheiten (s. Pkt. Ängste), sprachliche Hürden (Sprachkompetenz, Akzente) und Zeitverschiebungen erschwert werden, ermöglicht aber direkte Interaktion, die viele VA-Teilnehmende als äußerst förderlich für die gemeinsame Zusammenarbeit beschreiben:
“In my opinion, the Zoom meeting made us change the way we communicate because it was rather formal at the beginning. After the videoconference, we started to talk like we would do with our close friends” (aus: Guttiérez et al: 2022)
Schriftliche Kommunikation wie E-Mails, Chats oder Forenbeiträge bietet mehr Reflexionszeit, birgt jedoch die Gefahr von Missverständnissen durch fehlende nonverbale Hinweise und erfordert einen höheren sprachlichen Aufwand. VA-Teilnehmenden mit geringeren sprachlichen Kompetenzen ermöglicht die schriftsprachliche Kommunikation eine längere Vorbereitungszeit und kann dazu beitragen, Sprachhemmungen abzubauen.
Auch der zeitliche Aspekt spielt eine Rolle: Synchrone Kommunikation ermöglicht spontane Diskussionen, setzt aber eine gute technische Infrastruktur und zeitliche Koordination voraus. Asynchrone Kommunikation kann zu Verzögerungen und vermindertem Engagement führen, erlaubt aber flexiblere Antworten, Zeit zum Formulieren (in der Fremdsprache) und sie stellt für Studierende vor allem bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Partner / der Partnerin ein deutlich weniger bedrohliches Szenario dar. Asynchrone E-Mails, Video- oder Sprachrichten sowie Chats können dazu beitragen, dass Eis zu brechen, bevor im nächsten Schritt synchron und mündlich kommuniziert wird (vgl. Gutiérrez et al. 2021: 30).
Es ist insgesamt ratsam, eine ausgewogene Kombination aus mündlicher und schriftlicher sowie synchroner und asynchroner Kommunikation zu wählen. Dabei hilft es, sich über Regeln und Vorgehensweisen zu verständigen und als Kursleiterin / Kursleiter Aushandlungsprozesse zwischen den Partner*innen anzuregen.
Alle Illustrationen auf dieser Seite von @storyset (https://www.freepik.com/author/stories)
This work © 2025 by Petra Knorr is licensed under CC BY-NC-ND 4.0