4. Methodisch-didaktische Anregungen
In den letzten Jahren wurde der virtuelle Austausch oft kritisiert, weil er zu einer oberflächlichen Auseinandersetzung mit Unterschieden (siehe u.a. Kramsch) neige und zu einem begrenzten Erfolg bei der Entwicklung eines (inter)kulturellen Bewusstseins führe.
Wir werden uns in diesem Kapitel mit unterschiedlichen Methoden, Themen und Aufgabenformaten, die kulturelles Lernen unterstützen und fördern, beschäftigen. Offenere Lehr/Lernformate wie Forschendes und/oder Problemorientiertes Lernen (PBL/POL) eignen sich hervorragend, um das kritische Bewusstsein und die Reflexionsfähigkeit der Teilnehmenden zu stärken, sind aber gerade wegen ihrer Offenheit auch anfälliger für Konflikte. Aber gerade konflikthaft aufgeladene Situationen bieten Gelegenheiten, Paradoxe, Widersprüche oder Konflikte, die der Sinnstiftung inhärent sind, anzunehmen, anstatt sie aufzulösen oder abzutun.

5. Aufgabe:
Sehen Sie sich folgenden kurzen Film zu Pedagogical Mentoring for Intercultural Communicative Competence von Evolve an.
Machen Sie sich zu folgenden Fragen Notizen:
- Was ist ein Critical Incident?
- Welche Lösungen werden im Umgang mit Critical Incidents vorgeschlagen? Fallen Ihnen weitere Handlungsoptionen ein?
In dem Video wird ein critical incident als eine Kommunikationssituation beschrieben, die von den Teilnehmenden als problematisch, verwirrend oder sogar amüsant empfunden wird. Darüber hinaus verankern sich critical incidents im Gedächtnis.
Um problematische Kommunikationssituationen aufzufangen, ist eine enge pädagogische Begleitung wichtig, d.h. Strategien und Methoden, die Sie als Lehrende einsetzen, um Reflexion und Lernen zu ermöglichen. Achten Sie darauf, dass, wie in dem Beispiel des Code Switching im Video, nicht nur ein Bewusstsein für verschiedene Normen des Codeswitching vermittelt wird, sondern auch eine Wertschätzung für Unterschiede.
Planen Sie deshalb ausreichend Zeit für Absprachen ein und geben Sie Raum für Reflexion.
Wie Sie in dem Video erfahren haben, werden als critical incidents oft Probleme bezeichnet, die gar nicht unbedingt etwas mit unterschiedlichen Kulturen (im Sinne von Nationalkulturen) zu tun haben, sondern Kommunikationsprobleme darstellen. Diese können durch gut angeleitetes kollaboratives Arbeiten und ausreichend Raum für Diskussion und Reflexion vermieden werden. Das heißt, kommt ein Kommunikationsproblem auf, könnte dieses gleich in einem Seminargespräch thematisiert werden, bevor ein Post gesendet wird, gibt es Peer-Feedback etc. Es gilt also, ein Bewusstsein für unterschiedliche Kommunikationsstile und Sprachnormen zu schaffen sowie mit den Teilnehmenden offen und transparent darüber zu sprechen. Wichtig ist hierbei, Unterschiede nicht nur zu benennen, sondern sie auch wertzuschätzen und ein Verständnis dafür zu entwickeln.
In der Literatur finden sich zahlreiche Methoden, die Lehrende und Lernende unterstützen. Wir haben im Folgenden ein paar Anregungen für Sie zusammengestellt.
4.1 Ein guter Start
“One student complained that the topics chosen by the two teachers (based principally on the discussion of newspaper articles and the comparison of student-led surveys) had hindered the development of the online relationships between the German and Spanish students: “I know that talking about culture could be useful for increasing our knowledge of the world, but neither Germans or Spanish ones will be totally close to one another if we don’t talk about hobbies and personal interests.” Ritter/O’Dowd, 2013, S. 633
Obenstehendes Zitat verdeutlicht, dass es wichtig ist, zu Beginn eines VA eine Basis der Vertrautheit unter allen Teilnehmenden (Lehrenden wie Studierenden) herzustellen. Aber nicht nur Vertrautheit sind in einem VA wichtig, auch Transparenz und Reflexion sind grundlegend für einen erfolgreichen Austausch. Deshalb gilt:
- Ermutigen Sie ihre Teilnehmenden, sich auszutauschen,
- schaffen Sie eine sichere, respektvolle Umgebung,
- bauen Sie Vertrauen und Empathie auf,
- reduzieren Sie Spannungen und Ängste, indem Sie diese thematisieren sowie reflektieren und
- stellen Sie gleich zu Beginn gemeinsam mit ihren Teilnehmenden Kommunikationsregeln auf, eine so genannte ‘Netiquette’. Eine Powerpoint der Stevens Initiative zur Organisation und zu ersten Absprachen finden Sie hier.

Wichtig!
Teilnehmende sind nicht Vertreter*innen eines Landes. Erfragen Sie immer die subjektive Perspektive der Teilnehmenden!
Denken Sie daran – egal welchen Einstieg Sie gewählt haben – gemeinsam mit den Teilnehmenden über die Aktivität zu reflektieren und mögliche Herausforderungen zu diskutieren. Wir stellen Ihnen im Folgenden einige Icebreaking – Activities vor, die gut zu Beginn eines VA eingebunden werden können.
Steckbriefe jeglicher Art (analog/digital) sind seit jeher ein gutes Mittel, um sich in (inter)kulturellen Austauschen besser kennenlernen. Das Projekt VELLA 23 ermutigte die TN einen kurzen Videoclip über sich selbst zu erstellen und auf einem Flipgrid/Padlet mit der Gruppe zu teilen. Folgende Fragen dienten hierbei als Leitfragen für den max. 1-2 minütigen Videoclip:
- Wie heißen Sie?
- Was studieren Sie und warum?
- Was sind Ihre Interessen?
- Welche Sprache(n) sprechen Sie?
- Was möchten Sie über Ihre*n Partner*in wissen
Hinzufügen könnte man auch noch folgende Frage:
- Was wünschen Sie sich von dem VA?
Die Teilnehmenden laden Ihre kurzen Videoclips in das Flipgrit/Padlet o.Ä. hoch und sehen sich 1-2 Beiträge ihrer Kommiliton*innen an, die Sie kurz kommentieren oder Fragen stellen.
Eine weitere Möglichkeit wäre auch ein kurzes Videotagebuch, in welchem die TN Aspekte ihres Lebens kurz vorstellen.
Nach Deardorff (2020) konzentrieren sich Story Circles auf grundlegende Elemente der Entwicklung (inter)kultureller Kompetenzen, darunter Respekt, Zuhören, Neugier, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Reflexion, Austausch, Empathie und Beziehungsaufbau.
Story Circles können leicht an viele verschiedene Umgebungen und Kontexte angepasst werden und gehen grundlegend von zwei Prämissen aus:
1) Wir sind alle durch die Menschenrechte miteinander verbunden.
2) Jeder Mensch hat eine eigene Würde und einen eigenen Wert.
Zusätzlich zu diesen beiden Voraussetzungen sind auch noch folgende Aspekte wichtig:
- Jeder Mensch hat persönliche Erfahrungen, die er weitergeben kann.
- Wir alle können etwas von anderen lernen.
- Zuhören, um zu verstehen, hat eine transformative Wirkung.
Verkürzt dargestellt, verläuft ein Story Circle in drei Runden, wobei in den ersten beiden Runden (sofern man nicht als Sprecher*in an der Reihe ist), v.a. zugehört wird. Folgende Beispiele für Prompts sind aus dem Handbuch Darla Deardorffs entnommen (den Link zum Handbuch finden Sie unten):
1. Runde:
- Bitte nennen Sie uns Ihren Namen und drei Wörter oder Sätze, die Ihren Hintergrund beschreiben, und warum diese Wörter/Sätze für Sie wichtig sind.
- Nennen Sie uns einen Gegenstand oder ein Foto, den/das Sie mitgebracht haben und der/das uns etwas über Sie verrät.
- Was ist ihr Lieblingsessen und warum?
2. Runde:
- Was war eine der positivsten Interaktionen, die Sie mit einer Person (oder mehreren Personen) hatten, die anders ist als Sie, und was machte diese Erfahrung so positiv?
- Was ist Ihre früheste Erinnerung an das Anderssein (wann haben Sie zum ersten Mal erfahren oder erkannt, dass Sie anders sind als jemand anderes)?
- Welche denkwürdige Erfahrung haben Sie mit einer Person gemacht, die sich von Ihnen unterscheidet (Alter, Religion, Geschlecht, sozioökonomische Stellung, Kultur, Nationalität usw.), und was haben Sie dabei über sich selbst und/oder die andere Person gelernt?
- Welches ist eine der schwierigsten Interaktionen, die Sie mit einer Person (oder mehreren) mit einem anderen Hintergrund hatten, und was haben Sie daraus gelernt?
- Welches ist ein denkwürdiges kulturelles Missverständnis, das Sie erlebt haben, und was haben Sie daraus gelernt?
- Beschreiben Sie eine Person, die Sie persönlich kennen oder die Ihnen bekannt ist (aus den Medien, aus der Geschichte usw.), von der Sie glauben, dass sie gut mit anderen auskommen kann, insbesondere mit denen, die anders sind als sie. Was hilft dieser Person, mit anderen gut auszukommen?
- Beschreiben Sie eine Situation, in der Sie gemerkt haben, dass Sie an ein Stereotyp geglaubt haben (über eine Gruppe, zu der Sie gehören, oder eine Gruppe, zu der Sie nicht gehören), das nicht wahr war? Was ist passiert?
3. Runde:
- Was ist Ihnen von dem, was Sie gehört haben, in Erinnerung geblieben?
- Was hat Sie überrascht?
- Was hat Sie in den Geschichten, die Sie gehört haben, herausgefordert?
- Was haben Sie durch diese Erfahrung über sich selbst gelern? (dies bezieht sich auf das Ziel eines größeren kulturellen Selbstbewusstseins)
- Welche gemeinsamen Themen haben Sie aus den Geschichten herausgehört?
- Was möchten Sie nach dem Hören dieser Geschichten weiter erforschen? Worauf sind Sie neugierig, oder worüber möchten Sie mehr über Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen erfahren? (dies bezieht sich auf das Ziel, die Neugier auf Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen zu fördern)
Ausführlich zu Story Circles: Darla Deardorff (2020): Manual For Developing Intercultural Competencies. Story Circles, Unesco Publishing.
Einen guten Einstieg bietet der 2009 TED Talk “The Danger of a Single Story” der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie.
Fabian Krengel beschreibt in seinem Kapitel Diggin Deeper into a Single Story anschaulich, wie mithilfe dieses Einstiegs Stereotype und Zuschreibungen reflektiert werden können.
Eine weitere schöne digitale Lösung, die ähnlich wie die Story Circles funktioniert, ist das (digitale) Kartenspiel More Than One Story. Sie können hier auch unterschiedliche Sprachen einstellen, was es für den VA besonders attraktiv macht.
Hier sind einige Impulsfragen aus dem Spiel:
- Erzähle eine Geschichte über eine Erfahrung in Deinem Leben.
- Erzähle über eine Person, die Dir gute Laune bereitet und bei der Du Dich wohlfühlst.
- Erzähle über etwas, das Du an Dir selbst wertschätzt.
- Erzähle über eine Person, die Du bewunderst und erzähle warum.
- Erzähle über einen Moment, den Du gerne noch einmal erleben würdest.
Wie wir gesehen haben, ist es wichtig, einen Raum zu schaffen, in welchem sich die TN gesehen und gehört fühlen. In Kapitel 5 des Moduls Tackling Tough Topics and Controversiality Through VE: Crafting Brave Virtual Spaces beschreibt Fabian Krengel noch einmal wichtige Aspekte und gibt Beispiele, wie Sie ihren Virtuellen Austausch als Raum für Reflexion und Diskussion gestalten. Wie Sie Brave Spaces mit Literatur ermöglichen, führt Krengel hier genauer aus.

4.1 Mentoring
Wie wir bereits im Video oben gesehen haben, ist es wichtig, mögliche ‘Probleme’ oder Herausforderungen gemeinsam mit den Studierenden zu thematisieren und reflektieren. Hierbei ist es nicht nur wichtig, Unterschiede, z.B. in Kommunikationsstilen, zu benennen, sondern vielmehr ein Verständnis dafür zu entwickeln. Tan et. al. schlagen in ihrem Handbuch drei Methoden vor (Tan/Schiffmann/Salden 2023):
Methoden im Mentoring (nach Tan/Schiffmann/Salden 2023)
- Ex post Analyse: Verwenden Sie Beispiele, z.B. aus früheren Interaktionen oder aus Studien, auf deren Basis Sie mit Ihren Studierenden in Diskussion kommen können. Auf diese Weise können sowohl effektive als auch unangemessene (Kommunikations-) Strategien identifiziert werden, z.B. bevor der Virtual Exchange überhaupt beginnt (O’Dowd et al. 2020, S. 149). Zudem können die Studierenden so dafür sensibilisiert werden, “wie Kultur, Technologie und Sprache interagieren […] und Bedeutungen […] formen.” (O’Dowd et al. 2020, S. 150)
- Moderation: Moderieren Sie auch asynchrone Treffen, z.B. Forumsdiskussionen, indem Sie die Diskussion lenken bzw. bei Missverständnissen eingreifen (ebd.).
- Artefaktanalyse: Reflektieren Sie während der Seminarzeit gemeinsam mit Ihren Studierenden deren Kommunikation untereinander. Dies kann Ihnen helfen, nächste Schritte vorzubereiten oder (inter)kulturelles Lernen zu initiieren. Diese Sitzungen sollten ohne die internationalen Peers stattfinden. Die Studierenden bringen dazu Auszüge aus ihrer Interaktion in der internationalen Kleingruppe mit, z.B. in Form von Mitschriften, Transkripten, Videoaufnahmen, empfangenen oder verfassten Nachrichten oder anderen Äußerungen. Sie können dann diese Artefakte nutzen, um mit Ihren Studierenden ein Gespräch über kulturelle Merkmale oder Gewohnheiten zu initiieren, die am Beispiel zu sehen sind (O’Dowd et al. 2020, S. 151). Dieser Austausch sollte regelmäßig zwischen Ihnen und Ihren Studierenden stattfinden.
Fragen Sie Ihre Studierenden auch nach seltsamen oder verrückten Situationen während der Zusammenarbeit. Dies kann Ihnen Hinweise liefern, welche Situationen für das (inter)kulturelle Lernen entscheidend sein können (O’Dowd et al. 2020, S. 167). Vor allem Missverständnisse und Pannen können eine gute Lerngelegenheit darstellen und deren Analyse im Seminar kann dabei helfen, geeignete Reaktionsmöglichkeiten auszuloten (a.a.O., S. 168).Wichtig ist auch der stete Kontakt und Austausch mit Ihrem VA-Partner/Ihrer VA- Partnerin, um den Mentoring-Bedarf zu ermitteln und eine gemeinsame Strategie als Lehrendenteam zu verfolgen (O’Dowd et al. 2020, S. 167).
4.3 Themen und Aufgaben
Sucht man nach Themen und Aufgaben für (Inter)kulturelles Lernen, so trifft man nach wie vor oft auf Themen- und Aufgabenformate, die Kultur mit Nation gleichsetzen und einen nationalen Vergleich, das Suchen und Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden, als Ziel haben. Doch: Wie kommen wir am besten aus dieser Falle des nationalen Vergleichs?
In den vorangegangenen Kapitel haben wir erfahren, dass es wichtig ist, einer Perspektivvielfalt Raum zu geben. Auf diese Weise wirken wir stereotypen Vereinfachungen entgegen und es entspricht auch mehr unserer heutigen komplexen Welt. Sehen wir uns noch einmal die drei wichtigsten Säulen eines Unterrichts an, der kulturelles Lernen ermöglicht:
“However, more importantly, these tasks shift the focus away from an over-emphasis on ‘national’ cultural differences and instead raise students’ awareness of how culture and language and technology are intertwined in online intercultural communication per se” (Robert O’Dowd 2020: 488).
Eine Möglichkeit, gleichberechtigte Zugänge zu schaffen, bietet Global Education. Global Education fördert das Bewusstsein für die komplexen Herausforderungen der heutigen Welt und ermutigt Lernende, gemeinsam über globale Zusammenhänge nachzudenken, aus fachlicher wie aus individueller Perspektive. In VA bietet sich die Möglichkeit, Studierende aus verschiedenen Kontexten zusammenzubringen, um universelle Themen zu diskutieren.
Beispiel: Thema / Diskurs 'Essen'
- Subjektorientierung und Ausrichtung an erwachsenen Lernenden, die durch ihre Sozialisation in bestimmten Diskursen immer schon (Vor-)Wissen (in Form von kulturellen Mustern), aber auch Interessen, Standpunkte bzw. Diskurspositionen mitbringen. Diese sollten als Grundlage des Lernprozesses ernst genommen und an diese sollte angeknüpft werden.
- Problemorientierung, d. h. die potentielle Schaffung von ‘Irritationsmomenten’ (auch durch mehrdeutige, widersprüchliche Wirklichkeitsdarstellungen im Material). Lernende sollen die Möglichkeit haben, sich selbst (echte) Fragen zu stellen und dadurch subjektiv relevante Lerngegenstände auszugliedern. Dies ermöglicht es, sich eigener, neuer und anderer kultureller Muster und Diskurspositionen bewusst zu werden.
- Achten Sie bei der Seminargestaltung auf die Verwendung vielfältiger Sozialformen und Methoden, die ‘offen’ sind für (echte) Fragen und Antworten der Lernenden, d.h. deren subjektiven rezeptiven und produktiven Bedeutungskonstruktionen. Auf diese Weise setzen sich die Studierenden mit Diskursen auseinander und nehmen aktiv an Diskursen teil.
- Ermuntern Sie Ihre Teilnehmenden, auch eigene Texte mitzubringen.
- Legen Sie bei der Erarbeitung der Texte vor allem auch Wert darauf, dass die Teilnehmenden die Bedeutungskonstruktion der vorliegenden Texte erschließen, um den Zusammenhang zwischen Sprache und Bedeutung (siehe Kapitel 11. 2/11.3) zu erkennen.
Folgende Fragen können hierbei hilfreich sein: Was sagt der Text? Welche Wörter werden verwendet? Was zeigt das Bild? Welches Genre hat der Text? Welche Funktion hat dies? Ausführliche Reflexions- und Text/Bilderschließungsfragen finden Sie in dem Werkzeugkasten, der im Rahmen des Projektes Mitreden im Student XChange entstanden ist.
Auch die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bieten einen sinnvollen Rahmen für die inhaltliche Gestaltung Virtueller Austausche. SDG 2 (Kein Hunger) oder SDG 12 (Nachhaltige/r Konsum und Produktion) lassen sich beispielsweise ideal in ein Projekt über ‘Essen’ integrieren. Gleichzeitig stärkt SDG 17 (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele) die Idee, dass global vernetzte Zusammenarbeit notwendig ist, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. VA-Projekte mit einem Fokus auf Global Education schaffen somit nicht nur (inter)kulturelle Lernerfahrungen, sondern auch ein Bewusstsein dafür, wie lokale und globale Herausforderungen miteinander verknüpft sind. Sie bereiten Studierende darauf vor, aktiv zur Lösung globaler Probleme beizutragen – in ihrem direkten Umfeld und darüber hinaus.
Zusammenfassend finden Sie im Folgenden noch einmal ein paar Tipps für ihre Textzusammenstellung, angelehnt an Tan et. al. (2023). Ausführlich nachlesen können Sie diese hier.
Tipps für die Textzusammenstellung (nach Tan/Schiffmann/Salden 2023)
Stellen Sie Materialien zusammen, die heterogen sind und eine internationale Perspektive eröffnen.
Integrieren Sie Literatur, Film etc. aus verschiedenen Kontexten, soweit dies möglich und geeignet ist. In einigen Fällen kann auch die Verwendung von Texten in einer Lingua franca hilfreich sein.
Stellen Sie Auszüge aus internationalen Fachzeitschriften und andere Sekundärquellen zu Ihrem Thema bereit.
Wählen Sie auch Texte aus, die einen anderen Zugang zu Ihrem Thema vertreten als üblich.
Seien Sie vorsichtig und kritisch gegenüber stereotypen Abbildungen oder Beispielen in den von Ihnen (und ihren Lernenden ausgewählten) Texten. Vermeiden Sie diese aber nicht – im Gegenteil: oder diskutieren Sie sie kritisch im Unterricht.
4.4 Feedback und Reflexion
“There can not be enough opportunities for participants to reflect.” (Liddicoat & Scarino, 2013)
Um die Standpunktreflexivität und das Reflektieren der Bekanntem und Unbekanntem zu fördern, ist eine enge und professionelle Begleitung der digitalen Seminare nötig. Oftmals finden als herausfordernd empfundene kommunikativen Situationen und Erfahrungen außerhalb der Reichweite der Dozierenden statt, z.B. in Breakout-Sessions oder WhatsApp-Gruppen. Problematisch hierbei ist, dass ‘schwierige’ Begegnungen und Situationen erst dann thematisiert werden, wenn explizit nach konkreten Beispielen oder auffälligen Situationen gefragt wurde. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie feste Reflexionsphasen in ihr Seminar integrieren. Folgendes Beispiel zeigt noch einmal sehr anschaulich, wie wichtig es ist, dass ‘Probleme’ angesprochen und reflektiert werden. Auf diese Weise werden Sie zu wertvollen Lerngelegenheiten.
6. Aufgabe:
a) Lesen Sie den kurzen Ausschnitt aus einem Erfahrungsbericht einer Lehrkraft. Wie würden Sie in dieser Situation handeln?
b) Drehen Sie dann die Karte um und lesen Sie, wie die beiden Lehrkräfte reagiert haben. Wie finden Sie den Lösungsansatz und welche Kompetenzen wollten die Lehrkräfte damit wahrscheinlich fördern?
Reflexive Begleitung digitaler Seminare zur Förderung (inter)kultureller Kompetenz:
Explizite Reflexionsimpulse setzen: Bauen Sie Reflexionsphasen in den Seminarablauf ein, z. B. durch strukturierte Reflexionsfragen oder Online-Tagebücher.
Niedrigschwellige Feedbackformate nutzen: Bieten Sie anonyme Umfragen oder Diskussionsforen an, um Studierenden eine Plattform für Erfahrungen und Herausforderungen zu bieten.
Breakout-Sessions aktiv nachbereiten: Ermutigen Sie Ihre Studierenden, Erfahrungen aus diesen Sitzungen bewusst zu reflektieren und in den Seminarraum zurückzubringen.
Informelle Kommunikationsräume integrieren: Betrachten Sie WhatsApp- oder Discord-Gruppen nicht als Randphänomen, sondern binden Sie diese aktiv in die Reflexion ein.
Moderation und Begleitung sicherstellen: Etablieren Sie Tutor*innen oder Peer-Mentor*innen als Ansprechpersonen, um die Reflexion in kleineren Gruppen zu unterstützen.
Fazit: Eine gezielte didaktische Begleitung digitaler Seminare ist entscheidend für die Förderung (inter)kultureller Reflexivität. Durch klare Reflexionsimpulse und moderierte Nachbesprechungen können wertvolle (inter)kulturelle Lernprozesse unterstützt und nachhaltig verankert werden.
In unserem Modul Evaluation finden Sie zahlreiche Methoden, wie Sie Feedback in ihr Seminar integrieren können.
Wie gelungenes kulturelles Lernen aussehen kann und wie Projekte mit möglichen Herausforderungen umgegangen sind, zeigt am besten ein Blick in die Praxis. Diesen finden Sie im folgenden Kapitel.
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